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Dezember

  • Autorenbild: Mon
    Mon
  • 10. Dez. 2023
  • 1 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Okt. 2024

Das Dezember-Gedicht von Erich Kästner aus dem Zyklus „Die 13 Monate“



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Das Jahr ward alt. Hat dünnes Haar.

Ist gar nicht sehr gesund.

Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.

Kennt gar die letzte Stund.

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Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.

Ruht beides unterm Schnee.

Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.

Und Wehmut tut halt weh.

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Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin.

Nichts bleibt. Und nichts vergeht.

Ist alles Wahn. Hat alles Sinn.

Nützt nichts, dass man’s versteht.

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Und wieder stapft der Nikolaus

durch jeden Kindertraum.

Und wieder blüht in jedem Haus

der goldengrüne Baum.

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Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt,

wie hold Christbäume blühn.

Hast nun den Weihnachtsmann gespielt

und glaubst nicht mehr an ihn.

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Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.

Dann dröhnt das Erz und spricht:

„Das Jahr kennt seinen letzten Tag,

und du kennst deinen nicht.“

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